BfTG Verfassungsbeschwerde: Klage gegen die Liquidsteuer
Das Bündnis für Tabakfreien Genuss (BfTG) hat im Juni 2022 eine Verfassungsbeschwerde gegen das Tabaksteuermodernisierungsgesetz (TabStMoG) eingereicht. Konkret prangern die vier Beschwerdeführer – darunter die Happy People GmbH (happy liquid) – die Unrechtmäßigkeit der Liquidsteuer an. In Kürze dürfte Bewegung in das Verfahren kommen.
Update12.12.2024: Die Verfassungsbeschwerde wurde abgelehnt!
(Weitere Informationen weiter unten im Artikel)

Ursprünglich hätte im Rahmen des Tabaksteuermodernisierungsgesetzes (TabStMoG) nur Nikotin besteuert werden sollen. Doch plötzlich änderte der Gesetzgeber sein Vorhaben und besteuerte alles, woraus Liquids hergestellt werden können.
Das Bündnis für Tabakfreien Genuss möchte den Konsum von E-Zigaretten, die nach aktuellem Stand der Wissenschaft weit weniger schädlich sind als herkömmliche Zigaretten, erschwinglich machen und als echte Alternative zum Rauchen etablieren.
Das BfTG beruft sich auf den Gleichheitsgrundsatz. Tenor: Die Besteuerung von nicht nikotinhaltigen Substituten für Tabakwaren – also auch Liquids – könne nicht effektiv vollzogen werden und sei daher nicht mit dem Grundgesetz (Art 3 Abs 1 GG) vereinbar.
TabStMoG benachteiligt Liquids gegenüber Tabak
Der Pharmakologe Univ.-Prof. Dr. Bernhard-Michael Mayer von der Universität Graz hat in einem Gutachten ermittelt, dass 1 mg Nikotin in Tabakwaren etwa 3 mg Nikotin in Substituten wie E-Liquids entspricht. Die Wirtschaftsprüfer von Cordes + Partner haben daraufhin ermittelt, welche Kosten einem Raucher und Dampfer bei der aktuellen Besteuerung entstehen, wenn er die günstigste Herstellungsvariante für sein Genussmittel wählt.
Dreht ein Raucher seine Zigaretten aus als Feinschnitt versteuertem Tabak selbst, entstehen ihm Kosten in Höhe von 1,34 Euro/Tag. Für den „suchtäquivalenten Konsum von (nikotinhaltigen) Substituten für Tabakwaren“ kommen die Wirtschaftsprüfer auf bis zu 5,71 Euro/Tag. Vor Einführung der Liquidsteuer schnitt das Dampfen im Kostenvergleich deutlich besser ab. Allerdings kann man hier auch mit seinem persönlichen Dampfverhalten sparen.
Die Teuerungsraten durch die Liquidsteuer haben wir in unserem Blog bereits beleuchtet.
Dem Steuertarif für Rauchtabak liegt auch zugrunde, dass die Bundesrepublik Deutschland 2003 mit der Weltgesundheitsorganisation vereinbart hat, preisbezogene und steuerliche Maßnahmen zur Verminderung der Nachfrage nach Tabak zu treffen. Die Tabaksteuer verfolgt also auch (gesundheitliche) Lenkungsziele.
Die Beschwerdeführer, darunter die Happy People GmbH, folgern daraus, dass die Höhe der Liquidsteuer „mit Blick auf die angestrebte Lenkungswirkung nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu verstoßen“ so gewählt werden müsse, dass sie die Substitute für Tabakwaren nicht zu Gunsten des Rauchtabaks benachteilige, sondern – im Gegenteil – den Umstieg aufs Dampfen erleichtere.
Liquidsteuer nicht mit Gesundheitsprävention zu begründen
Die Einführung einer Liquidsteuer kann nicht mit Gesundheitsprävention begründet werden. Der regelmäßige Konsum von E-Zigaretten ist laut britischer Gesundheitsbehörde Public Health England um 95 % weniger schädlich als Tabakzigaretten[1].
Dr. Harald Tschiche vom Bundesinstitut für Risikobewertung nennt zwar keine Zahl, sagt aber: „Die Gesundheitsgefahr, die von einer E-Zigarette ausgeht, ist bei bestimmungsgemäßem Gebrauch im Vergleich zur herkömmlichen Zigarette kleiner.“ (vgl. BfR2Go, Ausgabe 1/2020, S.12)
Selbst das Deutsche Krebsforschungszentrum DKFZ stellt klar, dass der Umstieg von Tabak- auf E-Zigaretten das Erkrankungsrisiko senkt[2].
Warnungen aus Italien liegen lange zurück. Prof. Riccardo Polosa, Professor an der Universität Catania, forscht zu E-Zigaretten und bemerkte bereits 2013: „Der Krieg gegen E-Zigaretten in Italien hat eindeutig und vorhersehbar einen starken Anstieg des Rauchens verursacht.“
[1] E-cigarettes: an evidence update – A report commissioned by Public Health England, McNeill et al.
[2] E-Zigaretten und Tabakerhitzer – ein Überblick, Schaller et al., Oktober 2020, Seite 81
Wirtschaftliche Auswirkungen des TabStMoG – Beispiel Italien
Die Einnahmen aus der Liquidsteuer dürften bei weitem nicht so hoch ausfallen, wie es sich das Finanzministerium vorstellt.
Italien kalkulierte gemäß Vapingpost für das Jahr 2015 mit 85 Mio. Euro Einnahmen durch seine E-Zigaretten-Steuer. Die magere Realität: 5 Mio. Euro Einnahmen für den Fiskus. Die Liquidsteuer wurde dort 2018 für verfassungswidrig erklärt und um 80 % gesenkt.
Abgeordnete der Arbeitsgruppe E-Zigaretten führen das schlechte Ergebnis auf eine zu hohe Steuer zurück. Die Konsumenten würden auf andere Märkte ausweichen. Die Parlamentarier beziffern die Steuerausfälle durch die zu hohe Steueranhebung auf rund 200 Mio. Euro innerhalb von zwei Jahren.
Wirtschaftliche Auswirkungen des TabStMoG – Beispiel Deutschland
Die in der Diskussion um das TabStMoG prognostizierten und mehrfach nach unten korrigierten Zahlen sind laut ersten Veröffentlichungen unrealistisch. So wurden im ersten Quartal 2023 nur 40 Millionen Euro an Einnahmen erwirtschaftet. Selbst wenn man das Steueraufkommen sehr gefällig extrapoliert, kommt man nicht auf die prognostizierten über 500 Millionen Euro an Einnahmen.
Dafür ist durch die Liquidsteuer das Volumen des Schwarzmarktes deutlich und messbar gestiegen. Mit sämtlichen Nachteilen für die deutschen Händler und Hersteller. Und Steuerausfällen für den deutschen Staat.
Bis die Richter am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein Urteil für oder gegen Deutschlands Vaping-Szene gefällt haben, bleiben den Dampfern nur wenige Möglichkeiten, die Liquidsteuer zu umgehen.
Ablehnung der Verfassungsbeschwerde
Leider wurde die Verfassungsbeschwerde vom Bundesverfassungsgericht nach über 2 Jahren Bearbeitungszeit nicht angenommen.
Wir hätten uns direkt an die Finanzgericht wenden sollen (die eine Bearbeitungsdauer von mehreren Jahren haben) und die Beschwerde hätte nicht den formalen Anforderungen des Gerichts entsprochen.
Inhaltlich wurde nicht auf die Argumentation des BfTGs eingegangen.
Allerdings sind diverse Prozesse an mehreren Finanzgerichten angängig. Mal sehen, was hier noch passieren wird. Vermutlich wenig, da der Staat nicht auf Geld verzichten wird.
Quellen:
Stellungnahme BfTG zum TabStMoG
Gutachten Prof. Mayer zu Nikotin in Substituten
E-Zigaretten und Tabakerhitzer – ein Überblick, Schaller et al., Oktober 2020, Seite 81
E-cigarettes: an evidence update – A report commissioned by Public Health England, McNeill et al.
https://www.zeit.de/news/2024-12/12/beschwerde-gegen-tabaksteuer-fuer-e-zigaretten-erfolglos

Thomas Mrva
Geschäftsführer und Mitgründer von happy liquid.
Mediziner, Dampfer, Vorsitzender im DIN-Arbeitskreis
„E-Zigarette und Liquids für E-Zigarette“, 2. Vorsitzender
des „Bündnis für Tabakfreien Genuß e.V.“
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